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Aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung: Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Baden-Württemberg stark und stabil

Kinder am See
Die Startbedingungen von Kindern sind ein wichtiger Baustein, um Armut zu verhindern. | Bild: Pixabay

Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Baden-Württemberg ist stark und stabil. Dies geht aus einer aktuellen, vom Ministerium für Soziales und Integration geförderten Studie der Bertelsmann Stiftung hervor, die am 14. Januar 2020 in Stuttgart erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Studie hat den Zusammenhalt in Baden-Württemberg im Jahr 2019 unter die Lupe genommen und dabei untersucht, wie zentrale sozialpolitische Handlungsfelder mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in Verbindung stehen. 

Konzeptionell wurden für die Messung des gesellschaftlichen Zusammenhalts Ergebnisse von 36 Fragen (Indikatoren) in neun Dimensionen berücksichtigt. Diese Dimensionen lassen sich den drei Bereichen „soziale Beziehungen“, „Verbundenheit“ und „Gemeinwohlorientierung“ zuordnen. Zusammenhalt wird als Merkmal des Gemeinwesens, und nicht von Individuen, verstanden. Die Ergebnisse sind so aufbereitet, dass pro Dimension insgesamt Werte von 0 bis 100 erreicht werden könnten, wobei der Wert 100 sehr starkem Zusammenhalt und der Wert 0 sehr schwachem Zusammenhalt entspräche. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha sowie Dr. Kai Unzicker, Senior Project Manager „Lebendige Werte“ der Bertelsmann Stiftung, präsentierten die Ergebnisse im Anschluss an die erste Ministerratssitzung im neuen Jahr.

Menschen fühlen sich ihrer Region verbunden

Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „Das Fundament unseres Gemeinwesens ist intakt. Mehr als 80 Prozent der Bürger*innen des Landes fühlen sich dem Land, ihrer Region und ihrem Wohnort sehr verbunden.“ Diese Identifikation sei stärker als noch zwei Jahre zuvor. Und die regionalen Unterschiede des Zusammenhalts innerhalb Baden-Württembergs seien im Vergleich zu 2017 geringer geworden, sagte Kretschmann. 

„Mehr als drei Viertel der Menschen in unserem Land schätzen eine offene und tolerante Gesellschaft. DieAkzeptanz von Menschen mit anderen Wertvorstellungen und Lebensweisen ist in den vergangenen zwei Jahren stark gewachsen“, sagte Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha. „Trotz der aktuellen einwanderungskritischen Debatten ist die Toleranz gegenüber Menschen anderer Religion sowie Migrantinnen und Migranten nicht gesunken.“ Lediglich sechs Prozent der insgesamt 1.400 Befragten der Studie sagten, es gebe in ihrer Wohngegend große Probleme mit Geflüchteten. 

Ein zentrales Ergebnis der Studie lautet: 4 von 5 Baden-Württemberger*innen sind der Ansicht, der Zusammenhalt in ihrer Wohngegend sei gut. Gegenüber dem Jahr 2017 ist dies ein Zuwachs von zehn Prozentpunkten. Im Gegensatz dazu ist im gleichen Zeitraum die Sorge der Befragten um den Zusammenhalt in ganz Deutschland um 3,5 Prozentpunkte auf nunmehr knapp 42 Prozent gestiegen. „Diese beiden Befunde sind kein Widerspruch, sondern zeigen, dass die Menschen in Zeiten der Sorge um den Zusammenhalt der Gesellschaft sich wieder verstärkt auf ihr unmittelbares Umfeld konzentrieren“, erläuterte Projektmanager Dr. Kai Unzicker. Hierfür spreche auch, dass die Identifikation mit Nachbarschaft und Wohnort seit 2017 zugenommen habe. 

Zielgerichtete Sozialpolitik für mehr Zusammenhalt

Die Studie der Bertelsmann Stiftung belegt, dass es einen Einfluss auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Baden-Württemberg hat, wie konkrete sozialpolitische Maßnahmen vor Ort erlebt werden. „Das zeigt uns, dass eine zielgerichtete Sozialpolitik erheblich zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft beiträgt“, so Kretschmann. „Dort, wo die soziale Lage gut ist, wo Sozialpolitik ankommt, da ist auch der Zusammenhalt stärker“, resümierte Sozialminister Lucha die Studienergebnisse.

Mit den zahlreichen Maßnahmen im Rahmen des Impulsprogramms für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wird sich die Landesregierung auch weiterhin für ein funktionierendes Miteinander im Land engagieren: „Ein starkes Gemeinschaftsgefühl ist die beste Schutzimpfung gegen Verunsicherung, Hass, Hetze und Angst. Es ist daher nur folgerichtig, dass die Landesregierung das Impulsprogramm zu einem der herausragenden Themen in der laufenden Legislaturperiode gemacht hat“, so Kretschmann. 

Unter dem Motto „Na klar, zusammen halt …“ baue das Programm auf den umfassenden bürgerschaftlichen Strukturen auf und richte den Blick auf gesellschaftliche Potenziale. Die Aktivitäten innerhalb des Impulsprogramms reichten von der Förderung der Bürgerbeteiligung über die Umsetzung einer Kampagne für eine respektvolle Diskussionskultur in den sozialen Medien bis hin zur Wiederbelebung öffentlicher Orte im ländlichen Raum. Ziel sei es, Aufmerksamkeit für das Thema zu wecken, zum Dialog anzuregen und Menschen zu aktivieren, einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft zu leisten.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie

  • Eine deutliche Mehrheit der Befragten schätzt die Maßnahmen für Senioren und zur Pflege positiv ein (71 Prozent). Das Land sieht sich in seinem Kurs bestärkt und wird auch in den kommenden Jahren in die erfolgreiche Quartiersentwicklung oder in die Schaffung einer modernen und durchlässigen Pflegestruktur mit mehr Kurzzeitpflege und Wohngemeinschaftsplätzen investieren. 
  • Auch die medizinische Versorgung ist aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger im Land gut: Fast zwei Drittel haben in den letzten fünf Jahren keine Veränderung der Versorgung wahrgenommen. Allerdings sind 21 Prozent der Befragten der Ansicht, die Lage habe sich in den vergangenen Jahren eher verschlechtert. In Kleinstädten und auf dem Land ist die (fach-)ärztliche Versorgung vergleichsweise schwierig. Mit mehreren Maßnahmen, zum Beispiel dem „Förderprogramm Landärzte“ hat das Land auf Engpässe reagiert.
  • Auch ehrenamtliches Engagement ist für den Zusammenhalt wichtig: Während die große Mehrheit der ehrenamtlich Engagierten (79 Prozent) Wertschätzung für ihr geleistetes Engagement wahrnimmt, wünschen sich 49 Prozent mehr Unterstützung von Politik und Verwaltung. Das Land setzt vor allem auf Verbesserungen beim Gemeinnützigkeitsrecht und bei Freibeträgen sowie auf ein Qualifizierungskonzept für Engagierte in Leitungsfunktionen.   
  • Frauen, chronisch Kranke, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund und Einkommensarme nehmen den Grad an gesellschaftlichen Zusammenhalt weniger positiv wahr. Handlungsbedarf sehen die Bürger*innen und Bürger vor allem bei der Gleichstellung von Frauen. Drei Viertel der Befragten sagen, dass Frauen in der Gesellschaft benachteiligt werden. 63 Prozent sind der Ansicht, dass die Politik nicht genug dagegen tue. 
  • Frauen erleben im Vergleich zu Männern den gesellschaftlichen Zusammenhalt als schwächer, vor allem in Bezug auf Gerechtigkeit, Anerkennung von Regeln und gleichberechtigte Teilhabe. Das Ministerium für Soziales und Integration setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen vorangetrieben und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter, Mütter und pflegende Angehörige fortwährend verbessert wird. 
  • Ein Team von Forscher*innenum Professor Klaus Boehnke von der Jacobs University Bremen hat für die Bertelsmann Stiftung die Daten eingehend analysiert und festgestellt, dass der Zusammenhalt nicht nur dadurch gestärkt wird, dass die Integration von Geflüchteten gelingt, sondern auch durch die gezielte Unterstützung von Familien und die Bekämpfung von Armut. Mit der Strategie „Starke Kinder – Chancenreich“ will das Ministerium für Soziales und Integration Startbedingungen verbessern und verhindern, dass Kinder und Jugendliche überhaupt erst in Armut geraten. 

Quelle: Staatsministerium BW

Mehr Infos:

Langfassung der Studie
Kurzfassung der Studie

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