"Das Thema Diversität ist in der Branche definitiv präsent"

Im Interview erzählt Iris Harr über ihre Arbeit als Projektmanagerin im Bereich Games bei der MFG und berichtet welche Erfahrungen sie in der Branche in den letzten neun Jahren gemacht hat.

Die Interviewreihe "Frauen in der Games-Branche in Baden-Württemberg" hat zum Ziel, das Engagement und die Darstellung von Frauen in diesem Markt und in Computer- und Videospielen genauer zu beleuchten.

Iris Harr arbeitet seit neun Jahren in der MFG Baden-Württemberg als Games-Projektmanagerin. Hier ist sie mitverantwortlich für die Umsetzung der Förderstrategie "Games BW". Unter diesem Label unterstützt die MFG Entwickler*innen und Games-Unternehmen aus dem Südwesten und bietet Förderprogramme sowie Vernetzungs- und Vermittlungsangebote für die Games-Branche an. Auf der Plattform Games BW zeigt die MFG die Vielfalt dieser lebendigen Games-Szene und schafft Sichtbarkeit.

Die Interviewreihe "Frauen in der Games-Branche in Baden-Württemberg" hat zum Ziel, das Engagement und die Darstellung von Frauen in diesem Markt und in Computer- und Videospielen genauer zu beleuchten.

Welche Ziele verfolgt die MFG mit ihrer Förderstrategie?

Unsere Förderstrategie zielt darauf ab, nicht nur finanzielle Unterstützung zu bieten, sondern ein ganzes Ökosystem aufzubauen. Das beginnt in den Hochschulen, in denen wir zum Beispiel durch Veranstaltungen wie den THE LÄND Global Game Jam Vernetzungen zwischen Hochschulen und Studierenden schaffen. Auch Initiativen wie die Open Stage Games BW und die Studi Stage spielen eine wichtige Rolle. Unser Ziel ist es, Studierende frühzeitig zu vernetzen und sie auf ihrem Weg in die Games-Branche zu unterstützen. Dafür bietet auch unser Developer Boost Programm jungen Gründungsteams die Möglichkeit, mit Hilfe eines Qualifizierungsprogrammes ihr eigenes Studio zu starten.

Ganz neu haben wir die Pitching Clinic zusammen mit der Spielfabrique ins Leben gerufen (Anm. d. Red.: Spielfabrique ist ein Accelerator-Programm für Start-ups und junge Unternehmer im Spielemarkt). Dafür wählen wir Studios aus, die dann gemeinsam mit Expert*innen an ihren Pitches arbeiten und wertvolle Tipps zu Fragen wie "Wie spreche ich einen Geldgeber richtig an?" oder "Was möchte ich alles transportieren?" erhalten.

Welche Rolle spielt hier das Thema Diversität und Geschlecht?

Wir haben das Thema Diversität definitiv stärker in den Fokus gerückt. Bei unseren Programmen achten wir darauf, die Teams so divers wie möglich zu gestalten. Schon bei der Bewerbung fragen wir nach der Teamzusammensetzung, um für das Thema zu sensibilisieren. Es geht uns nicht darum, weniger diverse Teams auszuschließen, sondern darum, das Bewusstsein für Diversität zu schärfen. In unserem Developer Boost Programm hatten wir dieses Jahr erstmals einen Workshop zum Thema Diversität.

Wie ist dein Eindruck, gibt es in der Branche einen Wandel in Bezug auf Diversität?

Das Thema Diversität ist in der Branche definitiv präsent. Die Branche ist sich bewusst, dass immer mehr Frauen in der Games-Szene vertreten sind. Ein Beispiel hierfür ist die Veranstaltungsreihe "Womenize!", die Frauen, nicht-binäre Menschen und marginalisierte Stimmen in der Games- und Tech-Branche fördert. Die Tatsache, dass die Branche dieses Bewusstsein entwickelt hat, ist bereits ein großer Schritt in die richtige Richtung. Da die Games-Branche sehr jung ist und stark am Zeitgeist orientiert, sind Themen wie Diversität und Inklusion aktuell und relevant.

Du bist seit neun Jahren bei der MFG. Hast du diesen Wandel bezüglich Diversität auch bei unseren Veranstaltungen beobachten können?

Definitiv. Von Anfang an habe ich mit Frauen wie Sabiha Ghellal (Anm. d. Red. Professorin für User Interface, Game Design und Transmedia Storytelling an der Hochschule der Medien), Greta Hofmann (Anm. d. Red.: Professorin für Game Design & Independent Games am Cologne Game Lab) und später mit Kathrin Radtke (Anm. d. Red.: Gründerin von Spellgarden Games) zusammengearbeitet. Dadurch habe ich persönlich den Wandel in der Branche anfangs nicht so stark bemerkt. In Gesprächen wurde jedoch deutlich, dass die Games-Branche sehr männerdominiert ist. Bei unseren Open Stages hat sich der Frauenanteil in den letzten Jahren stark erhöht. Bei meinen ersten Veranstaltungen waren noch fast 90 Prozent der Teilnehmenden Männer. Heute sieht das ganz anders aus.

Wie kamst du zu deinem Job in der Games-Branche?

Ich komme ursprünglich aus der Fernsehbranche und hatte die MFG Filmförderung als Prüfungsthema. Nach meinem Studium habe ich fünf Jahre in Berlin bei einer TV-Produktionsfirma gearbeitet, bis es mich dann in den Süden gezogen hat. Da die Fernsehproduktion hier nicht so verbreitet ist, bin ich über einen Tipp der Filmkommission bei der MFG Filmförderung gelandet. Damals gab es eine Stelle, die zu 50 Prozent Film- und zu 50 Prozent Games-Förderung umfasste. Es war schon abzusehen, dass der Bereich Games weiter wachsen würde. Das hat mir gefallen, denn auch in der Games-Branche geht es darum, Geschichten zu erzählen und Menschen zu unterhalten, ähnlich wie in meiner vorherigen Arbeit. Aus der halben Stelle Games wurde dann eine Vollzeitstelle.

Du hast schon viele Anträge gelesen und Teams begleitet. Was bringen Frauen mit?

Generell erzählen Frauen aus einer anderen Perspektive und beleuchten Themen, die sie persönlich ansprechen und interessieren aus einem anderen Blickwinkel. Zugleich legen viele Frauen einen stärkeren Fokus auf Wissensvermittlung. Das heißt nicht, dass sie nur Lernspiele produzieren. Jedoch soll bei den Spielen oft auch Wissen vermittelt werden.

Du hast die Kooperationen mit Hochschulen erwähnt. Wie wichtig sind Frauen in Lehrpositionen?

Weibliche Lehrpersonen dienen als Vorbilder! Sie zeigen Studentinnen, auch sie können solche Positionen erreichen. Prof. Sabiha Ghellal ist hier ein gutes Beispiel. Insgesamt ist eine gute Mischung an Lehrenden wichtig, weil dadurch unterschiedliche thematische Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Blickwinkel auf ein Thema ermöglicht werden.

Noch eine letzte Frage: Spielst du aktuell ein bestimmtes Game, das dir sehr gefällt?

Ich habe schon früh angefangen, zu spielen und hatte einen Gameboy, den ich so lange genutzt habe, bis er kaputtging. Besonders die Mario-Spiele haben mir immer gefallen, da ich die Themenwelten einfach toll finde. Grundsätzlich mag ich Spiele, die Geschichten erzählen und eine schöne Bildsprache haben (das ist wohl stark aus der TV Zeit geblieben). Heutzutage spiele ich aufgrund der kurzen Spielzeiten eher mal mobile Games – neben den Abnahmen unserer Games BW geförderten Spiele natürlich. Monument Valley mag ich da sehr. Und gerade spiele ich Paper Trail. Als nächstes möchte ich mir aber endlich zusammen mit meinem Sohn eine Konsole anschaffen, damit ich mich zum Spielen nicht an den PC setzen muss.

Quelle: Zoe Jakob/ MFG Baden-Württemberg
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